Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

Die schönen Wellen der Gravitation

Numerische Simulation zweier verschmelzender Schwarzer Löcher © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Numerische Simulation zweier verschmelzender Schwarzer Löcher © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)
Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Dann und wann hört man, das Jahrhundert der Physik sei längst passé. Es herrsche nun ein anderes. Wenigstens das einer anderen Disziplin. Aber dann, nicht gänzlich unverhofft, aber doch in gewisser Weise überraschend sorgt gerade die Physik für die große Meldung des Jahres. Alsdenn: 1916 kam Albert Einstein anhand seiner Berechnungen zu dem Schluss, dass alle Massen den Raum nicht nur verformen, sondern auch verzerren. Als Folge ihrer Beschleunigung oder ihres Bremsens. Dabei, so folgerte Einstein, müssten Gravitationswellen entstehen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit im Universum ausbreiteten. Man dürfe sich das so ähnlich vorstellen wie die Wellen, wenn ein Stein in einem Teich oder einem See versenkt würde. Und beim Vorstellen werde es wohl bleiben, so Einstein, denn der Effekt würde wohl niemals beobachtet werden können.

Numerische Simulation zweier verschmelzender Schwarzer Löcher © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Numerische Simulation zweier verschmelzender Schwarzer Löcher © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)
Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

100 Jahre später ist Einstein widerlegt, nicht in Sachen Gravitationswellen, ganz und gar nicht, hier ist er, einmal mehr muss man sagen, bestätigt worden, sondern in seiner Annahme, der Effekt würde nicht beobachtet werden können. Exakt dies ist nun gelungen.

Das Großes bevorsteht, davon war in den letzten Tagen immer wieder zu hören. Andeutungen machten die Runde, auch in den Weiten des Internets. Es gehe wohl um die Gravitationswellen, es gehe um den Beweis, es gehe um einen Nachweis, der des Nobelpreises würdig sei. Ein Jahrhundertereignis.

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)
Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

In jahrelanger Zusammenarbeiten spüren US-Amerikanern mit ihren Gravitationswellenantennen Ligo, Italiener mit Virgo und die Deutschen mit Geo600 den Gravitationswellen nach. Je vier Kilometer lang sind die zwei Ligo-Antennen, Laserarme eigentlich und die sensibelsten Gravitationswellendetektoren, die man sich nur vorstellen kann.

Diese hypersensiblen Arme haben im September 2015 deutliche Signale von Gravitationswellen aufgezeichnet. Signale, die wiederum von zwei mittelschweren Schwarzen Löchern ausgelöst wurden. Bevor sie miteinander fusionierten, kam das eine Objekt auf die 29fache Masse, das andere auf die 36fache Masse unserer Sonne. Das so entstandene Schwarze Loch wirft nun rund 62 Sonnenmassen in die Waagschale. Der Rest, immerhin die Masse dreier Sonnen, hat sich verflüchtigt. In Form von Gravitationswellen, die nun in Lichtgeschwindigkeit durch das All rasen. Die Wissenschaftler vermuten eine Entfernung von 1,3 Milliarden Lichtjahren und das ungefähr in der südlichen Hemisphäre. So ganz genau ließe sich das nicht sagen. Das soll aber die einzige Unschärfe bleiben.

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)
Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Ganz im Hintergrund lauert da noch die unschöne Erinnerung an die Meldung von vor zwei Jahren, als der Nachweis auch schon verkündet, dann aber wieder zurückgenommen werden musste, weil kosmischer Staub die Forscher in die Irre geführt hatte. Diesmal aber sind die Wissenschaftler, unter ihnen Physiker des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik, sich sicher. Es sind echte Gravitationswellen.

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Gravitationswellen, die während der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlt werden. © S. Ossokine, A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)
Wissenschaftliche Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH)

Und diese sind uns nun wie ein neues zusätzliches Sinnesorgan. Mit ihrer Hilfe ist es den Menschen nun möglich Phänomene zu untersuchen, die sich im Bereich der elektromagnetischen Wellen der Beobachtung bisher entzogen haben. Das Universum ist eine Schattenwelt. „99 Prozent sind dunkel“, sagt Karsten Danzmann vom Max-Planck-Institut. Nun kann man in die Schatten blicken.

Das, was man solchermaßen „sieht“, wird von Illustratoren umgesetzt und von ergreifender Schönheit. So wie manche Formel Einsteins. (fvk)