Österreich

Was die Menschen nicht wollen

Die Schweiz evaluiert ihre Sicherheitspolitik und erwägt eine engere Zusammenarbeit mit der Nato. Finnland und Schweden treten dem Nordatlantikbündnis bei. Und in Österreich berufen sich Regierung und Opposition darauf, dass zwischen 80 und 90 Prozent der Bevölkerung die Neutralität beibehalten und der Nato nicht beitreten wollen, und also den Wünschen der Bevölkerung Rechnung zu tragen und eine Debatte über die österreichische Sicherheits- und Neutralitätspolitik nicht zu führen sei. Weil die Menschen das nicht wollen.

Die Menschen wollen auch keine Steuern zahlen.

Sie wollen keine korrupten Strukturen.

Sie wollen keine Zweiklassenmedizin.

Alles das ist legitim. So wie jede Diskussion, jede Debatte. Zumal wenn es um politische Inhalte geht, um eine Evaluierung althergebrachter Handlungsmuster, um Verbesserungsmöglichkeiten, um Perspektiven. Und um eine klare, erkennbare Strategie.

Demokratie heißt, den Menschen auch etwas zuzumuten. Etwa fundiert und frei von Polemik die Neutralität des Landes auf den Prüfstand zu stellen, die sicherheitspolitischen Voraussetzungen zu analysieren, und – Tatsachen als Tatsachen zu benennen, wenn es um das überaus aktive und solidarische Verhalten Österreichs in der Zusammenarbeit mit den EU-Militärstrukturen und der mit der Nato-Partnerschaft für den Frieden geht.

Tatsache ist, Österreich ist kein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer. Die Republik, allen voran ihre Soldaten, leisten aktiv ihren Beitrag. In Bosnien-Herzegowina, in Kosovo, in Mali, im Libanon, im Irak, und und und.

Es ist, vollkommen unabhängig vom Krieg in der Ukraine, wenngleich durch ihn initiiiert, an der Zeit, diese Debatte zu führen. Um der Ehrlichkeit willen. Für manche mag das verstörend sein. Das nennt man dann Politik. (fksk, 17.05.22)

Verräumte Geschichte

Das Haus der Geschichte Österreich ist endlich und es ist ein Provisorium. Auf zu wenig Platz in der Neuen Hofburg, ein wenig im Eck, ein bisschen ein Anhängsel der Österreichischen Nationalbibliothek, aber es ist. Das ist denn auch gut.

Es wäre freilich nicht Österreich, gäbe es keine Parallelaktion. Niederösterreich hat, eingegliedert in das Museum Niederösterreich, sein eigenes Haus der Geschichte. Dessen Umsetzung ging schneller als jene der Republik. Aber das war den niederösterreichischen Verhältnissen geschuldet.

Jetzt zieht das Burgenland nach. Mit einem Haus der Zeitgeschichte. In leitender Verantwortung ein ehemals politischer Hoffnungsträger, der vom nachfolgenden Hoffnungsträger ins Ausgedinge geschickt wird.

Es fehlen nun noch ein oberösterreichisches, ein steirisches, ein Salzburger, ein Kärntner, ein Tiroler und ein Vorarlberger Haus der Geschichte. Aber das wird noch.

Das ist wahrer Föderalismus, jedes Bundesland erzählt seine Sicht der Geschichte, die Republik die ihre. Das ist Mut zur Differenzierung. Oder es ist die zu Museen gewordene Uneinigkeit über die gemeinsame Geschichte, der Versuch, eine regionale Erzählung der Vergangenheit qua Museum gleichsam zu zementieren.

Möglicherweise steckt hinter dem Museumsboom subkutan noch eine weitere Intention: Die Geschichte wird – in Vitrinen, Ausstellungen und Exponate sorgsam verpackt – ins Museum und aus dem Alltag verräumt. Auf dass sie endlich nicht mehr störe.

Wenn es denn so einfach wäre. (fksk)